Welche Musik darf ich im Podcast nutzen? Wann darf ich zitieren? Kann ein Gast im Nachhinein die Veröffentlichung verhindern? Darüber haben wir mit Thomas Schwenke gesprochen. Darüber haben wir mit Thomas Schwenke gesprochen. Er ist Experte und Rechtsberater im Datenschutz- und Marketingrecht sowie Mitherausgeber des Podcasts Rechtsbelehrung. Das Interview ist im Buch "Podcasts im Journalismus" erschienen.
Herr Schwenke, Sie produzieren seit 2012 einen Podcast mit dem Titel "Rechtsbelehrung". Macht es Sinn, sich juristisch beraten zu lassen, bevor man einen Podcast startet?
Es gibt an sich kein eigenes Podcast-Recht. Vielmehr gelten dieselben presserechtlichen und urheberrechtlichen Regeln, wie zum Beispiel beim Schreiben von Beiträgen, Veröffentlichen von Videos oder Posten in Social Media, die auf das Medium Podcast angewendet werden. Das heißt, wer hier über die Grundkenntnisse verfügt, der kann hier nicht viel falsch machen. Wer jedoch ganz neu dabei ist und vorher nicht publiziert hat, sollte sich hier einlesen oder alternativ beraten lasse.
Welcher Fehler könnte einen beim Podcasten teuer zu stehen kommen?
Aufpassen muss man bei der Musik. Auch wenn sie nur kurz oder als Bett eingesetzt wird, muss man prüfen, ob der Titel Gema-pflichtig ist. Wenn man die Rechte nicht vorher einholt, werden im schlimmsten Fall nachträglich Gebühren und ein Aufschlag von 100 Prozent fällig.
Macht es einen Unterschied, wie ich die Musik einsetze? Zum Beispiel freistehend oder als Soundbett?
Die Art der Nutzung ist grundsätzlich egal. Bei Werken, die weniger als 50.000 Abrufe haben – das gilt für die meisten Podcasts – berechnen sich die Gema-Kosten nach der Länge. Dabei muss man im Auge behalten, dass sich durch ein Hosting auf einer Plattform die Abrufzahlen erhöhen können. Wenn man dadurch über die Grenze von 50.000 kommt, kann das finanzielle Folgen haben. Und man sollte die Folgekosten immer mitbedenken: Wenn ich Gema-pflichtige Musik als Intro verwende, fallen für jede Folge wieder Kosten an.
Können sich Podcaster auf ein Zitatrecht berufen?
Das Zitatrecht erlaubt es, kurze Ausschnitte aus dem Musikstück im Rahmen des Zitatrechts zu verwenden. Diese Ausnahme ist allerdings sehr streng und nur selten gegeben. Voraussetzung ist, dass das Zitat unbedingt erforderlich ist, um eigene musikalisch-inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Werk zu belegen (sog. "Belegfunktion"). In Frage kommen zum Beispiel Rezensionen von Musikstücken, Musikern oder der Musikgeschichte. Nicht ausreichend wäre zum Beispiel eine Top-Liste oder bloße Aussagen wie: "Das finde ich schön." Ferner gibt es keine feste Zeitgrenze für die Zitate, aber sie sollten so kurz wie möglich sein. Wird zum Beispiel nur über die Entwicklung einer Gitarrentechnik in den 90ern gesprochen, dann sollten nur die maßgeblichen Akkorde und nicht 30 Sekunden aus dem Musikstück wiedergegeben werden.
Da gibt es ja Alternativen: Musik, die unter Creative Commons Lizenz fällt.
Da muss man allerdings aufpassen, weil sich bei Creative Commons jeder Rechteinhaber in einer Art Baukastenmodell aussuchen kann, was mit der Musik gemacht werden darf: Muss der Name des Urhebers genannt werden, darf die Musik bearbeitet werden, darf sie auch für kommerzielle Zwecke verwendet werden? Andere stellen die Forderung, dass ein Werk, das mit Creative Commons arbeitet, selbst wieder unter Creative Commons fällt – das wäre dann mein ganzer Podcast. Der Kurzschluss, mit Creative Commons kann ich alles umsonst machen, wäre gefährlich.
Gibt es auch Fallstricke bei Musik, die unter Public Domain fällt?
Public Domain oder "gemeinfrei" bedeutet, dass man die Urheberrechte behält, aber darauf verzichtet, sie geltend zu machen. Unter den Begriff fallen auch Stücke, deren Urheberrecht erloschen ist, weil die Rechteinhaber seit mehr als 70 Jahren tot sind. Man muss aber wirklich die Rechte aller Beteiligten beachten. Denn zu dem Urheberrecht kommen die sogenannten "Leistungsschutzrechte" der ausübenden Künstler oder der Tonträgerhersteller. Wenn ein Pianist ein Stück von Bach neu einspielt, entstehen für ihn und den Musikverlag für 50 Jahre neue Schutzrechte.
Musik ist juristisch das schwierigste Thema. Wie ist das denn beim Wort? Darf ich da alles sagen?
Es gelten auch für Podcasts die Regeln der sogenannten Sorgfaltspflicht im Presserecht – Beleidigungen und Falschaussagen sind auch im Podcast verboten, Persönlichkeitsrechte dürfen nicht verletzt werden. Ein Sonderfall sind True-Crime-Podcasts. Für die gelten zusätzlich die Regeln der Prozessberichterstattung.
Was bedeutet das?
Bei laufenden Verfahren oder solchen, die nicht mit einer Verurteilung beendet wurden, sollte man sich strikt an die Tatsachen halten. Man darf nicht suggerieren, dass jemand ein potenzieller Täter ist, obwohl er freigesprochen wurde. Wenn jemand noch nicht angeklagt ist, darf man nicht von Angeklagten sprechen. Sondern von einer Person, gegen die eine Untersuchung läuft.
Kann ein Gast im Nachhinein abspringen und sagen: Mir war gar nicht klar, dass dieses Interview veröffentlicht wird?
Nein. In dem Moment, wo ein Gast sich vors Mikrofon setzt, entsteht ein vertragsähnliches Verhältnis, das auch die Verarbeitung und Veröffentlichung des Interviews umfasst. Man kann das Interview zur Sicherheit freigeben lassen. Aber es gibt keine Pflicht dazu. Was man auch wissen sollte: Wenn es in einem Podcasts zwei Hosts gibt, entsteht rechtlich gesehen eine GbR, also eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie sind dann so etwas wie ein Unternehmen.
Was hat das für Folgen?
Erstmal keine, solange der Podcast das bleibt, was man juristisch "Liebhaberei" nennt. Sobald aber Geld verdient wird, muss man die GbR beim Finanzamt anmelden. Und im Idealfall klärt man auch, was im Falle eines Streits passiert. Wer darf den Titel des Podcasts behalten und damit weitermachen? Außerdem sollte man darauf achten, dass der Gema-Nutzungsvertrag – falls es einen gibt – wirklich auf alle Beteiligten abgeschlossen wird.
Was muss man bei Werbeinhalten beachten?
Die müssen klar gekennzeichnet werden - egal ob sie vom Host vorgelesen oder eingespielt werden. Das kann man verbal machen, oder indem man den Werbeinhalt akustisch mit einem "Werbung"-Jingle klar trennt. Ist der gesamte Podcast gesponsert oder bezahlt, dann sollte darauf schon in der Beschreibung und am Anfang des Podcasts hingewiesen werden. Das sind Regeln, die sich vom Radio ableiten. Eigene Podcast-Werberichtlinien gibt es noch nicht, weil das Medium neu ist. Es wäre aber denkbar, dass das noch nachreguliert wird, so wie es zum Beispiel bei YouTube der Fall war. Vor allem, wenn es Schwarze Schafe gibt, die Schleichwerbung oder Sponsoring nicht kenntlich machen.
Wie komme ich als Podcaster meiner Impressumspflicht nach? Die kann ich ja schlecht am Ende jeder Folge einsprechen.
Das Impressum auf einer zugehörigen Webseite genügt. Oder ich lege ein Textdokument in Google Docs an und verlinke das in den Shownotes, die über die Podcast-Plattformen eingespielt werden.